Wer dieser Tage sonntags in die Kirche geht, erlebt etwas anderes als noch vor einem Jahr. Kürzer ist der Gottesdienst und das Singen ist nur noch einem Menschen auf der Empore neben der Orgel überlassen.

Fast ein Jahr müssen die Menschen nun schon mit Corona leben – und so auch die Kirchengemeinden.

»Wir können viel weniger real zusammenkommen«, sagt Susanne Kayser, Pastorin der Evangelischen Auferstehungsgemeinde. »Das beginnt beim Kirchencafé, das wir nur in den guten Wochen am Sonntag anbieten konnten, natürlich auf Abstand.« Auch der traditionelle Weserwehrgottesdienst musste entfallen und viele Angebote für Senioren. »Dieses große Gemeinschaftserlebnis, das Zusammensitzen und Quatschen, das fehlt natürlich.«

Jetzt, in der zweiten Corona-Welle, sind alle Veranstaltungen außerhalb der Gottesdienste abgesagt. Ausnahmen gibt es nur für notwendige Sitzungen des Kirchenvorstandes, Taufen, Beerdigungen und für Andachten. So wurde der wöchentliche Seniorenkreis im Gemeindezentrum nun in eine Seniorenandacht in der Kirche umgewandelt.

Statt Adventsfeier gab es 500 Lichtertüten für die Senioren

Ein weiterer wichtiger Termin für die Senioren ist eine große Adventsfeier im Dezember. Auch sie konnte in der üblichen Form nicht stattfinden. »Wir haben erst überlegt, dreimal jeweils 20 Leute einzuladen, aber als dann im November die Verschärfungen eintraten, war klar, dass wir das so nicht machen konnten«, sagt Susanne Kayser. Stattdessen haben viele Ehrenamtliche aus der Gemeinde 500 kleine Briefe mit Adventsgrüßen und Lichtertüten an die Senioren des Stadtteils verteilt.

Und auch der Konfirmandenunterricht wird fortgesetzt, wenn auch in anderer Form. »In den ersten Wochen wusste ich selber nicht genau, was ich machen soll«, sagt Kayser. Sie habe den Konfirmandinnen und Konfirmanden ab und zu einen Gruß oder eine Geschichte geschickt. Nachdem sich herausstellte, dass die Pandemie länger als nur ein paar Wochen dauert, verschickte Kayser Aufgaben per Mail.

Mitte 2020 war der Konfirmandenunterricht unter Abstandsregeln dann wieder vor Ort möglich, bis im November der zweite Lockdown kam. Aber auch hier bemüht sich die Pastorin um persönlichen Kontakt: »Ich habe die Konfirmanden zwei Wochen lang zu Hause besucht. Dann haben wir uns am Gartenzaun unterhalten: Wie geht es ihnen? Wie kommen sie mit den Aufgaben klar? Das war total nett!«

Der Trend, zu Zeiten der Pandemie immer mehr Angebote ins Netz zu verlagern, macht aber auch vor der Auferstehungsgemeinde nicht Halt. Obwohl sie im Vergleich zu anderen Kirchengemeinden bislang noch etwas vorsichtiger agiert. »Im letzten Jahr haben wir zu Ostern und zu Weihnachten eine Andacht in der Kirche gefilmt«, sagt Susanne Kayser. Der Mitschnitt mit Gesang, Orgelmusik, Predigt und Lesung wurde auf Youtube hochgeladen. Ein Livestream der Sonntagsgottesdienste wird derzeit nicht angeboten, allerdings finden Diskussionen darüber statt.

Wer dennoch aus der Ferne an den Gottesdiensten teilhaben möchte, kann sich die Predigttexte seit März 2020 auch per Mail zuschicken lassen. Das Angebot wird laut Susanne Kayser gut angenommen.

»Ich habe Sorge, dass sich Menschen von der Kirche abwenden«

Pastorin Susanne Kayser

Und doch nehmen nicht mehr so viele Menschen an den kirchlichen Angeboten teil wie noch vor der Pandemie. Aktive Kirchenmitglieder, die zum Beispiel regelmäßig Gottesdienste oder Seniorenandachten besuchen, würden sich weiterhin in der Gemeinde engagieren, so Kayser. »Ich habe aber Sorge, dass sich die Menschen von der Kirche abwenden, die sonst nur große Events wie Weihnachten von uns mitbekommen. Und die Großevents können wir einfach gerade nicht machen.« Hinzu komme, dass es im letzten Jahr sehr viele Kirchenaustritte gegeben habe.

In Krisenzeiten steigt der Gesprächsbedarf. Das bemerkt auch die Pastorin bei ihren Seelsorgeangeboten, die sich inzwischen immer mehr ins Freie verlagern: »Man verabredet sich jetzt nicht mehr auf ein Gespräch in der Gemeinde oder bei jemandem zu Hause, sondern zum spazieren gehen. Ich finde, die Gedanken fließen nochmal anders beim Gehen.«

Für die Auferstehungsgemeinde war und ist die nun schon über ein Jahr andauernde Coronazeit eine große Herausforderung. Susanne Kayser kann dennoch ein positives Fazit ziehen: »Es geht mehr, als man denkt. Wir haben Großveranstaltungen verschoben, von denen man nie gedacht hätte, dass man sie verschieben könnte. Wir haben Events abgesagt und umstrukturiert. Heiligabend haben wir acht Gottesdienste angeboten, statt drei. In normalen Jahren hätte man gesagt, das ist total verrückt. Aber man merkt einfach, es geht.«

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